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- Geschrieben von Giuseppe Guglielmi
- Veröffentlicht: 27. Januar 2009
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Diese Text über das Windsystem in unserem Fluggebiet ist verfasst worden, um die Kenntnisse einiger Piloten zusammenzufassen und sie für andere Vereinsmitglieder zugänglich zu machen. Da jeder Pilot während der Ausbildung viel über Wetter gehört haben soll, beschränkt sich dieser Text auf einige spezifische Phänomenen die für unser Fluggebiet relevant sind. Die Erkenntnisse und Beobachtungen, die hier wiedergegeben werden, sind sehr wichtig für die Einschätzung der Windverhältnisse, sie bieten jedoch kein Patentrezept! Der Wind wird von so vielen Faktoren beeinflusst, dass es selbst für erfahrene Meteorologen schwierig ist, genaue Vorhersagen zu machen.
Eine richtige Einschätzung der Windrichtung ist in unserem Fluggelände besonders wichtig. Die Startplätze befinden sich in Waldschneisen und eine falsche Einschätzung der Windrichtung kann unerfreuliche Konsequenzen haben. Darüber hinaus kann eine falsche Windprognose viele Kalorien kosten! Die Startplätze werden weitgehend zu Fuß erreicht und wenn die Windrichtung nicht passt, war der lange Marsch mit dem schweren Gepäck umsonst. Um der Wind richtig einzuschätzen, braucht man zwei Elemente: die Daten und die Kenntnisse, um diese Daten zu interpretieren. Wir haben drei Wetterstationen in einem Umkreis von 15 Kilometer, die uns sehr zuverlässige Windangaben liefern:
· Wetterstation Kalmit: das ist die vereinseigene Wetterstation. Sie befindet sich auf dem Kalmit-Gipfel, welcher mit 673 Metern ü. M. die zweithöchste Erhebung in Rheinland-Pfalz. Sie liefert aktuelle sowie Durchschnittswerte für Wind und Windrichtung. Die Station ist sowohl über Internet als auch telefonisch erreichbar. Die Daten stehen ab sofort allen Benutzern auf unserer Wetterseite zur Verfügung.
· Weinbiet: die Station wird vom Deutschen Wetterdienst betrieben. Im Internet sind im internen Bereich unserer Homepage oder auf der wetteronline Internetseite. Es erscheint eine Tabelle mit Angaben zu Temperatur und Wetter. Man kann weiter auf "Wind" klicken, um die aktuelle Windangaben zu erhalten. Es handelt sich hier um einen stündlichen Durchschnittswert mit Angabe der Spitzgeschwindigkeit. Der Betreiber bietet auch eine Wettervorhersage, die man über die entsprechende Schaltfläche erreichen kann. Zu bemerken ist, dass die Wetterstation auf 557 Meter (auf einem sehr hohen Mast) platziert ist und somit vor allem Angaben über den überregionalen Wind liefert.
· Landau: Diese Station wird von Kachelmann betrieben. Die Daten können im internen Bereich unserer Seite oder im Internet aufgerufen werden. Die Station befindet sich fast direkt in Landau auf eine Höhe von 134 Metern (deutlich niedriger als die Weinbiet) und liefert somit Angaben über den Wind im Rheintal. Hier ist der Wind generell immer schwächer als auf der Weinbiet!
Warum liefern diese drei Stationen immer unterschiedlichen Angaben? Und warum ist der Wind am Startplatz manchmal anders als von der Wetterstationen angegeben? Die Antwort ist einfach: der Wind wird an unterschiedlichen Stellen gemessen und an diese Stellen ist der Wind unterschiedlich! Ausschlaggebend für diese Unterschiede sind die orografischen Besonderheiten und die unterschiedlichen Messhöhen. Der lokale Wind in unserem Fluggebiet wird vorwiegend vom Rheintal beeinflusst. Da dieser Nord-Süd verläuft, wir der Wind generell in dieser Richtung kanalisiert. Es gibt aber einen noch wichtigeren Aspekt bezüglich der Einfluss des Rheintales auf das lokale Wind-System. Um ihn zu verstehen, muss man zwei Konzepte aus der Theorieausbildung kurz erwähnen:
- Die Coriolis Kraft: Diese Kraft entsteht durch die Drehbewegung der Erde um ihre eigene Achse. Sie lenkt den Wind auf der Nordhalbkugel nach rechts. Dabei gilt: je schneller der Wind, desto stärker die Coriolis Kraft.
- Düseneffekt: Gemeint ist die Zunahme der Windgeschwindigkeit infolge einer Kanalisierung der Strömung. Da das Rheintal bei uns sehr breit ist, passiert genau das Gegenteil. Der Wind nimmt ab.
Wenn der Wind langsamer wird, nimmt aber die Coriolis Kraft ab. Infolgedessen schwächt sich die Lenkung nach rechts ab. Die Konsequenzen? Bei einer überregionalen Ostlage (die Kalmit meldet O) ist unten im Tal Nord Ost (Landau meldet NO). Ist Süd gemeldet, treffen wir oft auf Süd Ost. Das erklärt, zusammen mit dem üblichen und aus dem Theorieunterricht bekannten Talwindsystem des Rheintales, warum schon bei SSW am Orensberg Rückenwind eintritt. Noch zu bemerken ist, dass das Rheintal westlich von unserem Fluggebiet verläuft, dieses Phänomen vor allem den Wind aus östlichen Richtungen beeinflusst. Außer dem Rheintal spielt auch das Talwindsystem des Queichtales vor allem für den Adelberg eine wichtige Rolle. Selbst wenn die Täler im Pfälzerwald nicht so markant sind wie die in der Alpen, ist dessen Einfluss auf das lokale Windsystem nicht zu unterschätzen. Vor allem an sonnigen Tagen kann der Ost Wind im Queichtal auf Südost gelenkt werden und damit sehr gute Startbedingungen für den Adelberg bieten. Man kann immer wieder beobachten, wie der Ost Wind im Rheintal auf NO (Coriolis Kraft) gelenkt wird und gleich nach Annweiler auf SO (Talwindsystem Queichtal). Es ist kein Zufall, dass an diese Tagen die Hälfte der Piloten auf dem Adel und die anderen Hälfte auf dem Föhrlenberg laufen und dass manchmal zeitversetzt alle auf gute Flüge kommen.
Neben den orographischen Bedingungen der Pfalz, die die Wettervorhersage bzw. die Windangabe der Wetterstationen verändern können, gibt es noch zwei eher jahreszeitlich bedingte Wetterphänomene, die die Prognosen manchmal Lügen strafen:
- Am Ori haben wir im Hochsommer manchmal Rückenwind, obwohl der überregionale Wind eindeutig aus West weht, weil sich über dem Pfälzer Wald ein Hitzetief entwickelt, d.h. das höher gelegene Waasgau zieht, weil es sich früher und stärker erwärmt als das Rheintal, Luft ab und dann haben wir bei Westwind (leider) Rückenwind am Ori.
- Die Windangaben stimmen vor allem bezüglich der Stärke und vor allem im Winter häufig nicht mit der am Berg anzutreffenden Situation überein, weil wir uns häufig mit unseren Startplätzen noch unter der Inversionsgrenze bewegen. Die Wetterstationen Weinbiet und Kalmit liegen jedoch häufig schon über der Inversionsgrenze.
Nur noch ein paar Sätze über die Vorhersage. Die oben genannten Wetterstationen liefern aktuelle Werte. Da wir die Startplätze generell zu Fuß erreichen, ist die Windprognose für die nächsten Stunden entscheidend. Die obengenannten Internet-Seiten liefern einige brauchbare Vorhersagen. Es gibt aber gerade im Internet zahlreiche Anbieter (eine Linksliste befindet sich unter „Wetterlinks“). Diese Vorhersagen basieren auf unterschiedlichen Modellen und differieren daher manchmal stark voneinander. Welche die beste ist, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Noch wichtiger als die Vorhersage sind die Beobachtungen, die jeder Pilot auf dem Weg zum Startplatz machen kann. Die legendären Gillet und Wickert-Fahnen bei Landau und die Rauchsäule von Philipsburg bieten manchmal wichtigere Hinweise als manche Prognosen!
Text: Giuseppe Guglielmi